Geldpolitik: Grundzüge

Geldpolitik: Grundzüge
Geldpolitik: Grundzüge
 
Veränderungen der Geldversorgung haben Folgen für das Preisniveau, die Zinsen und den Wechselkurs und beeinflussen somit nicht nur die monetären Bedingungen sondern auch die Realwirtschaft. Dabei ist es die Aufgabe der Geldpolitik, der Volkswirtschaft einen stabilen monetären Rahmen zu bieten. Die Allokation der Produktionsfaktoren und insbesondere auch die intertemporale Effizienz kann durch eine berechenbare Geldpolitik gefördert werden. Inwieweit eine Zentralbank die Geldpolitik auch zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit einsetzen kann und soll, ist umstritten. In der Praxis verfolgen viele Zentralbanken einen pragmatischen Kurs: Im Vordergrund steht als Ziel die Stabilisierung des Preisniveaus, die konjunkturelle Situation wird bei den geldpolitischen Entscheidungen aber ebenfalls berücksichtigt. In der Eurozone ist die Europäische Zentralbank (EZB) verantwortlich für die Durchführung der Geldpolitik. Sie ist dabei unabhängig von politischen Weisungen.
 
 Zwischenziele der Geldpolitik
 
Die geldpolitische Zielsetzung der Preisniveaustabilität (Geldwertstabilität) eignet sich kaum als unmittelbare Richtschnur für konkrete geldpolitische Entscheidungen. Grund sind die langen Wirkungsverzögerungen (Timelags), die zwischen geldpolitischen Maßnahmen und einer Reaktion des Preisniveaus liegen. Daher orientieren sich Zentralbanken oftmals an Zwischenzielen, die einerseits gut kontrollierbar sind und andererseits in einer engen Beziehung zum übergeordneten Ziel stehen.
 
 Geldmengensteuerung
 
Die Geldmenge erfüllt diese Anforderungen an ein Zwischenziel und war daher dominierende Richtschnur der Deutschen Bundesbank bis Ende 1998 und spielt auch für die EZB eine herausragende Rolle. Die EZB hat die Bundesbank-Praxis übernommen, eine Zielgröße für das Wachstum der Geldmenge M3 zu verkünden (Geldmengenziel). Die Vorankündigung des Geldmengenwachstums kann als schwache Form der von der monetaristischen Theorie geforderten Regelbindung der Geldpolitik verstanden werden. Dadurch erhalten Unternehmen und Haushalte eine Grundlage für ihre Erwartungsbildung und außerdem wird eine Messlatte angelegt, anhand derer das Verhalten der Zentralbank beurteilt werden kann. Allerdings hat der EZB-Rat betont, dass er sich nicht auf eine automatische Korrektur nach einer Verfehlung des Geldmengenwachstums verpflichte. So erhält sich die EZB den Spielraum, z. B. die aktuelle konjunkturelle Situation mit ins Kalkül zu ziehen. Weiter berücksichtigt der EZB-Rat auch eine auf einer breiten Datenbasis fußende Inflationsprognose bei seinen Entscheidungen, die allerdings nicht veröffentlicht wird.
 
 Geldpolitische Instrumente
 
Zentralbanken kontrollieren zwar den Banknotenumlauf direkt, nicht aber die Geldmenge insgesamt, zu der auch Einlagen von Nichtbanken bei Kreditinstituten zählen. Die geldpolitischen Instrumente zielen daher nicht nur auf eine direkte Veränderung des Geldangebots, sondern auch auf Veränderungen von Zinsen, die ihrerseits dann die Geldnachfrage beeinflussen. Die EZB bestimmt mithilfe ihrer Leitzinsen maßgeblich die Höhe der Zinsen am Geldmarkt. Der Marktzins wird durch den Zinssatz für die Einlagefazilität nach unten begrenzt. Im Rahmen der Einlagefazilität können Kreditinstitute über Nacht überschüssige Liquidität beim Europäischen System der Zentralbanken (ESZB) verzinslich anlegen. Durch diese Einlagemöglichkeit kann der Marktzins nicht unter den Zins der Einlagefazilität fallen, weil es sonst lohnend wäre, Geld nicht zu verleihen, sondern beim ESZB anzulegen. Die Obergrenze der Geldmarktzinsen wird durch den Zinssatz für die Spitzenrefinanzierungsfazilität bestimmt. Im Rahmen dieser Kreditlinie können Kreditinstitute gegen die Verpfändung von Wertpapieren über Nacht beim ESZB Liquidität erhalten. Ist der Zugang zu dieser Kreditlinie unbegrenzt, dann kann der Marktzins nicht über deren Zinssatz hinaus ansteigen. Zwischen den Zinssätzen der Einlage- und der Spitzenrefinanzierungsfazilität betreibt die EZB die Feinsteuerung des Marktzinses durch Offenmarktgeschäfte. Die wichtigsten sind das wöchentlich ausgeschriebene Hauptrefinanzierungsinstrument mit zweiwöchiger Laufzeit und das monatlich ausgeschriebene längerfristige Refinanzierungsgeschäft mit dreimonatiger Laufzeit.
 
 
Die EZB verpflichtet die Kreditinstitute, in einem festen Verhältnis zu bestimmten Verbindlichkeiten Mindestreserven auf Konten des ESZB zu unterhalten. Das Instrument der Mindestreserve dient der Beeinflussung der Liquiditätsnachfrage. Je höher die Mindestreservesätze, desto mehr werden liquide Mittel der Kreditinstitute gebunden. Im Unterschied zur früheren Mindestreserveregelung der Deutschen Bundesbank werden die Mindestreserven beim ESZB verzinst. Dabei wird der Zinssatz der Hauptrefinanzierungsgeschäfte zugrunde gelegt.

Universal-Lexikon. 2012.

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